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ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZUR FACHHOCHSCHULE |
Am 14. Juli 1953 eröffnete das Land Baden-Württemberg im südlichen Schloßflügel des Schwetzinger Schlosses eine justizeigene Schule, in der interessierte und geeignete Justizbeamte des mittleren Dienstes zusammen mit Abiturienten zu Rechtspflegern ausgebildet wurden. ![]() Die Schule hatte damals den schlichten Namen "Rechtspflegerschule", die Studierenden waren bereits in der Gerichtspraxis erfahren und wurden in einem universitätsähnlichen Betrieb ausgebildet. Sie erhielten anstelle ihrer Beamtengehälter einen Unterhaltszuschuß von rund 50,-- DM, ab 1957 100,-- DM monatlich. Ledige männliche Absolventen aus entfernten Landesteilen konnten für 15,-- DM monatlich im schuleigenen Wohnheim im ersten Stock der Schule wohnen, ein Privileg, das weiblichen oder verheirateten Lehrgangsteilnehmern versagt blieb. Diese mußten sich in Schwetzingen Privatunterkünfte suchen. Zum ersten Lehrgang fanden sich 62 Beamte aus Baden-Württemberg und 60 aus Hessen ein. Der Anteil der weiblichen Studenten (heute über 50 %) lag damals bei 8%. 1954 wurde die Ausbildungszeit auf 9 Monate verlängert. Ab 1955 entsandten auch die Länder Rheinland-Pfalz und Bremen, ab 1958 auch das Saarland Beamte ihres mittleren und gehobenen Justizdienstes zur Ausbildung als Rechtspfleger an die Rechtspflegerschule in Schwetzingen. Die Anzahl der Studierenden stieg dadurch etwas an, sie lag in den Folgejahren im Schnitt zwischen 120 und 140 Absolventen. 1960 wurde die Ausbildungszeit auf 11 Monate verlängert, ab 1971 wurde zusätzlich nach einer praktischen Erprobung ein Abschlußlehrgang von 2 ½ Monaten Dauer eingeführt. Zwischenzeitlich wurden auch Wohnheimplätze für die gestiegene Anzahl der weiblichen Studierenden eingerichtet. Die Prüfungen wurden zunächst getrennt in den einzelnen Bundesländern abgenommen. Erstmals 1972 wurde eine gemeinsame schriftliche Prüfung an der Rechtspflegerschule eingeführt. Ab 1974 entsandte Hessen keine Rechtspflegeranwärter mehr an die Rechtspflegerschule Schwetzingen, sondern bildete sie in einer eigenen Schule in Rotenburg a. d. Fulda aus. Da die anderen Bundesländer mehr Anwärter entsandten, ging die Anzahl der Studierenden hierdurch nicht zurück. Im Jahre 1977 wurde die Ausbildung neu geregelt. Es fanden zwei fachwissenschaftliche Studiengänge in Schwetzingen (11 Monate und 7 Monate), unterbrochen durch 16 Monate fachpraktische Ausbildung an den Heimatgerichten, statt. 1978 wurden letztmals Rechtspflegeranwärter aus Bremen an der Rechtspflegerschule Schwetzingen ausgebildet, die danach in Hamburg ausgebildet wurden. Mit Beginn des Jahres 1979 wurde die Rechtspflegerschule in eine Fachhochschule des Landes Baden-Württemberg nach dem Fachhochschulgesetz übergeleitet. Am 13.06.1979 schloß Baden-Württemberg mit den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland eine Vereinbarung, in der die Beteiligung der beiden anderen Bundesländer an der Fachhochschule für die Zukunft festgeschrieben wurde. Gleichzeitig wurde eine einheitliche Abschlußprüfung für alle Teilnehmer an der Fachhochschule eingeführt. Nach der Wiedervereinigung entsandten ab 1991 die Länder Brandenburg, Sachsen und Thüringen bis zum Aufbau eigener Fachhochschulen ihre Rechtspflegeranwärter ebenfalls zur Ausbildung an die Fachhochschule Schwetzingen, was einen Anstieg der Studentenzahlen auf etwa 170 bis 180 Studenten pro Jahrgang zur Folge hatte. Im November 1996 haben Anwärter aus diesen Ländern letztmals hier ihre Prüfung abgelegt. Seit 1. September 1994 ist das Studium an der Fachhochschule hochschulorientiert reformiert worden. Der 12-monatige erste Studiengang dient dem Aufbau von Grundlagenwissen, es folgt eine 13-monatige Ausbildung in der Praxis an den Heimatgerichten. Danach kommen die Studenten für weitere neun Monate zu einem vertiefenden zweiten Studiengang an die Fachhochschule zurück, um nach der schriftlichen Prüfung nochmals zwei Monate in der Praxis ausgebildet zu werden. Vortrag in der Aula
Die Fachhochschule Schwetzingen verfügt derzeit über bis zu 10 hauptamtliche und 20 nebenamtliche Dozentinnen und Dozenten, die etwa zur Hälfte aus den höheren Dienst (Richter/Staatsanwälte) und dem gehobenen Dienst (Rechtspfleger) kommen. Sie bietet neben den obligatorischen Vorlesungen Seminare, Teilnahme an Projekten, Exkursionen und Planspielen sowie allgemeine kulturelle Veranstaltungen an. Das Spektrum der Ausbildungsfächer reicht von den berufsspezifischen Fächern bis hin zu Verwaltungslehre, Europarecht, Internationalem Privatrecht, elektronischer Datenverarbeitung und Betriebwirtschaftslehre. Eine Diplomarbeit, wie sie an den Fachhochschulen in Meißen (Sachsen) und Berlin (Berlin / Brandenburg) zur Erlangung des Diploms vorgeschrieben ist, wird an der Fachhochschule Schwetzingen nicht verlangt. Allerdings können und müssen die hiesigen Absolventen ihre Fähigkeit zu eigenständiger wissenschaftlicher Leistung durch je eine Hausarbeit pro Studienabschnitt und mindestens eine Seminararbeit in Form eines Referats beweisen. Desweiteren wirkt die Fachhochschule Schwetzingen in Angleichung an europäische Fachhochschul-Standards auch beratend und koordinierend an der praktischen Ausbildung ihrer Studierenden mit. Heute können insgesamt bis zu 110 Studentinnen und Studenten in dem hochschuleigenen Wohnheim wohnen. Ab Sommer 1998 können ausländische Studierende, die während eines bestimmten Abschnitts ihres Studiums an einer deutschen Hochschule studieren wollen, für einen im einzelnen zu bestimmenden Zeitraum oder auch zur Teilnahme an einzelnen Lehrveranstaltungen als Gasthörer an der Fachhochschule Schwetzingen zugelassen werden. Damit erhalten sie die Möglichkeit, sich in relativ kurzer Zeit Grundkenntnisse im deutschen Zivil- und Zivilverfahrensrecht sowie im Recht der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in kompakter Form anzueignen. Alle Gasthörerinnen und Gasthörer können in den von ihnen gewählten Fächern auch an den während des Studiums zu schreibenden Klausuren teilnehmen. Sie erhalten auf Wunsch ein Zeugnis über ihre Teilnahme und die erbrachten Leistungen. Zu Prüfungen sind sie nicht zugelassen. Eine Studiengebühr für Gasthörerinnen und Gasthörer wird derzeit nicht erhoben, für Unterkunft, Verpflegung und Versicherungsschutz und Aufenthaltserlaubnis haben sie selbst zu sorgen. Trotz zurückgehender Studentenzahlen infolge der Finanznot der Staatshaushalte ist der Fortbestand der Fachhochschule gesichert. Die Fachhochschule Schwetzingen ist eine kleine Fachhochschule. Man mag das belächeln, ebenso wie die bedingt durch Denkmalschutzauflagen eingeschränkten räumlichen Ausdehnungsmöglichkeiten. Andererseits geben Größe und Lage der Fachhochschule ein eigenes Flair, womit sich das Studium an dieser Schule wohltuend von dem eher unpersönlichen Massenbetrieb an großen Fachhochschulen unterscheidet. |